Banksy : Manifesto

Philipp Hakenberg philipp at hakenberg.org
Wed May 30 05:34:41 UTC 2007


Aus dem Tagebuch von Leutnant Colonel
 Mervin Willet Gonin DSO,
einer unter den ersten Britischen Soldaten,
die 1945 Bergen-Belsen befreiten.

Ich kann keine gerechte Beschreibung von dem schrecklichen 
Lager geben, in dem meine Maenner und ich die naechsten Monate 
unseres Lebens verbringen sollten. [...] Ueberall lagen 
Leichen, einige in grossen Haufen, manchmal lagen sie einzeln 
oder zu zweit, eben dort wo sie hingefallen waren. Es dauerte 
eine Weile sich daran zu gewoehnen, dass Maenner, Frauen und 
Kinder im Vorbeigehen zusammenbrachen und sich zurueckzuhalten, 
ihnen zu Hilfe zu eilen. Man musste sich schnell an den 
Gedanken gewoehnen, dass der Einzelne schlicht nicht zaehlte. Man 
wusste, dass an einem Tag fuenfhundert starben, und dass in den 
naechsen Wochen fuenfhundert pro Tag sterben wuerden, bevor 
irgendwas, das wir machen konnten, die kleinste Wirkung zeigen 
wuerde. Es war, wie auch immer, nicht einfach, ein Kind mit 
Diphtherie sich zu Tode husten zu sehen, wenn Du wusstest, dass 
eine Tracheotomie und Pflege es retten wuerde, man sah Frauen 
an ihrem Erbrochenen erstickt, weil sie zu schwach waren sich 
umzudrehen, und Maenner Wuermer essen waehrend sie einen halben 
Laib Brot hielten, einfach weil sie Wuermer hatten essen 
muessen, um zu ueberleben, und nun kaum vermochten zu 
unterscheiden. Stapel von Leichen, nackt und obszoen, und eine 
Frau zu schwach zum Stehen stuetze sich an ihnen ab, waehrend 
sie das Essen, was wir ihr gegeben hatten, ueber einem offenen 
Feuer zubereitete; Maenner und Frauen hockten sich irgendwo im 
Freien hin, um sich von der Ruhr zu erleichtern, die ihre 
Gedaerme durchspuelte; eine splitternackte Frau wusch sich mit 
einem Stueck Seife und mit Wasser von einem Tank in dem ein 
totes Kind schwamm. Es war kurz nachdem das Britische Rote 
Kreuz ankam, wobei das eventuell nicht damit zusammenhing, dass 
eine grosse Menge Lippenstifte ankam. Das war alles andere, als 
was wir Maenner wollten, wir riefen aus nach hunterttausend 
anderen Sachen, und ich weiss nicht, wer Lippenstifte bestellt 
hatte. Ich wuenschte so sehr, ich koennte herausfinden wer das 
war, es war ein Geniestreich, einfach rein brilliant. Ich 
glaube nichts tat mehr fuer die Insassen als der Lippenstift. 
Frauen lagen im Bett ohne Bezuege und ohne Nachthemd aber mit 
scharlachroten Lippen, Du sahst sie herumwandeln mit nichts 
als einer Decke ueber der Schulter aber mit scharlachroten 
Lippen. Ich sah eine Frau tot auf dem Obduktionstisch und in 
ihrer Hand steckte ein Lippenstift. Endlich hatte jemand etwas 
getan, um sie wieder zu Individuen zu machen, sie waren 
jemand, nicht laenger blos die Nummer eintaetowiert auf dem Arm. 
Endlich konnten sie sich wieder fuer ihre Erscheinung 
interessieren. Dieser Lippenstift fing an ihnen ihr Menschsein 
wiederzugeben.

Uebersetzung des Manifesto of Banksy 
http://www.banksy.co.uk/manifesto/index.html

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